Arbeitsrecht
Juni 2018 Die Beschäftigung von Rentnern – Rechtliche Rahmenbedingungen
veröffentlicht am 01.06.2018
Die meisten Arbeitnehmer scheiden spätestens mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis aus. Jedoch hegen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer oft den Wunsch, über diesen Zeitpunkt hinaus das Arbeitsverhältnis befristet fortzusetzen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, den "Altersrentner" so lange weiter zu beschäftigen, bis ein geeigneter Stellennachfolger gefunden wurde oder bis ein laufendes Projekt abgeschlossen ist. Arbeitnehmer sind oft an einem behutsamen Übergang in den Ruhestand interessiert oder wollen länger arbeiten, um vor allem eine auskömmliche Rente zu erwerben.
Bis zum Jahr 2014 musste bislang der Arbeitnehmer, obwohl von beiden Arbeitsvertragsparteien eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gewünscht war, häufig das Unternehmen verlassen, da es aus Sicht des Arbeitgebers keine rechtssichere Möglichkeit gab, sich von einem Arbeitnehmer, der über die Regelaltersgrenze hinaus beschäftigt wurde, wieder trennen zu können, so dass die Alternativen lediglich ein endgültiges Ausscheiden oder die Gefahr einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zu dessen Tod waren. Auch nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze gilt voller Kündigungsschutz; eine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses scheiterte regelmäßig am fehlenden Sachgrund, insbesondere ist die "Rentnerbeschäftigung als solche" aus Sicht des BAG kein Sachgrund, der die Befristung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigt (BAG vom 11.02.2015 – 7 AZR 17/13).
Mit Wirkung zum 01.07.2014 hat der Gesetzgeber durch § 41 Satz 3 SGB VI die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Weiterarbeit über das gesetzlich vorgesehene Renteneintrittsalter hinaus vereinbaren und die Weiterarbeit zeitlich befristen.
Für die nahtlose Anschlussbefristung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Arbeitsvertrag oder die kollektivrechtliche Regelung (Tarifvertrag/Betriebsvereinbarung) müssen eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen und
- die Parteien haben noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses - also spätestens am letzten Arbeitstag - eine Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus vereinbart.
- Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nahtlos und
- die Hinausschiebensvereinbarung wahrt gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG das Schriftformerfordernis.
Rechtsfolge ist, dass das Arbeitsverhältnis über die Regelaltersgrenze hinaus bis zu dem vereinbarten neuen Zeitpunkt verlängert wird.
Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortgeführt werden muss oder ob zugleich auch Arbeitsbedingungen geändert werden können. Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 27.04.2016 (3 Ca 22/16) entschieden, dass für die Wirksamkeit der Befristung nach § 41 Satz 3 SGB VI es unschädlich ist, wenn die Parteien zugleich mit dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes den Beschäftigungsumfang reduzieren. Ob das BAG dieser Ansicht folgt, bleibt abzuwarten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG und dem hier maßgeblichen Begriff der "Verlängerung" bedarf es der inhaltlichen Kontinuität. Anderenfalls kommt ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande. Vor diesem Hintergrund sollten notwendige Vertragsänderungen entweder schon vor dem Eingreifen der Altersgrenze einvernehmlich geändert oder aber während der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages die Arbeitsbedingungen angepasst werden, wobei die Vertragsdauer beibehalten werden muss.
Ein gegebenenfalls mehrfaches Hinausschieben der Befristung ist möglich. Die Parteien sind bei der Bestimmung der Dauer der einzelnen Verlängerungsphasen frei. Allerdings können häufige und kurzfristige Verlängerung u.U. rechtsmissbräuchlich sein.
Mit § 41 Satz 3 SGB VI wollte der Gesetzgeber die Altersgrenzen im Arbeitsverhältnis flexibler gestalten und die Rechtssicherheit bei der fortgesetzten Beschäftigung älterer Arbeitnehmer verbessern. Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 28.02.2018 (C-46/17) im Fall eines angestellten Lehrers aus Bremen entschieden, dass die Befristung der Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus zulässig und § 41 Satz 3 SGB VI mit Unionsrecht vereinbar ist.
Formulierungsvorschlag:
"Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis würde gemäß § … am … durch Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung enden.
Die Parteien vereinbaren, diesen Beendigungszeitpunkt bis zum … hinauszuschieben. Das Arbeitsverhältnis endet zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf."
Sofern die genannten Voraussetzungen des § 41 Satz 3 SGB VI nicht vorliegen, kommt lediglich eine befristete Beschäftigung nach § 14 TzBfG in Betracht.
Hat der "Altersrentner" bei dem "neuen" Arbeitgeber noch nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden, kann das Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet werden. Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung möglich. Für "eigene Arbeitnehmer" kann wegen des Anschlussverbotes des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG kein Gebrauch von der sachgrundlosen Befristung gemacht werden.
Ist der Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und möchte der Arbeitgeber diesen "zurückholen" oder der Arbeitnehmer möchte bei seinem "alten" Arbeitgeber arbeiten, kommt nur eine Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG in Betracht. Grundsätzlich kann die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines "Altersrentners" auf sämtliche der im Katalog des § 14 Abs. 1 TzBfG genannten Sachgründe gestützt werden. In der Praxis häufig sind jedoch Vertretungsfälle (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG), ein nur vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) oder aber den Wunsch des Arbeitnehmers (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG). Das BAG hat bereits in einer Entscheidung vom 11.02.2015 (7 AZR 17/13) anerkannt, dass der Wunsch des Arbeitnehmers nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich rechtfertigen kann. Entscheidend ist dabei, ob der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Vertrages nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte.
In all diesen Fällen muss das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG zwingend beachtet werden.
- Autor: Rechtsanwältin Anja Vollbrecht
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