Januar 2018
Betriebsratswahl und Sitzverteilung nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren
veröffentlicht am 02.01.2018
Nach der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.11.2017 (7 ABR 35/16) ist die Anordnung des d'Hondtschen Höchstzahlverfahrens zur Verteilung der Betriebsratssitze bei der Betriebsratswahl in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG verfassungsgemäß. Dieses Höchstzahlverfahren verletze weder den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit.
In diesem Jahr ist es wieder soweit - regelmäßige Betriebsratswahlen werden vom 01.03. bis zum 31.05.2018 gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stattfinden. In dem Betrieb hatten antragstellende Arbeitnehmer die Wahl aus dem Mai 2014 angefochten, bei der ein aus 17 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt wurde. Es fand eine Listenwahl statt, bei welcher die erste Liste 557 Stimmen, die zweite Liste 306 Stimmen und die dritte Liste 279 Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die Verteilung der Sitze erfolgte nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren und hierbei entfielen auf die erste Liste 9 Sitze und auf die zweite und dritte Liste jeweils 4 Sitze. Die antragstellenden Arbeitnehmer meinten, das in der Wahlordnung (WO) vorgesehene d'Hondtsche Höchstzahlverfahren sei verfassungswidrig, da es kleinere Gruppierungen benachteilige; bei einer Verteilung der Sitze nach dem Verfahren Hare/Niemeyer oder dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers hätte die erste Liste 8 und die zweite Liste 5 Sitze erhalten.
Nach dem d'Hondtschen Höchstzahlsystem werden die den einzelnen Vorschlagslisten zugefallenen Stimmzahlen in einer Reihe nebeneinandergestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 … usw. geteilt (§ 15 Abs. 1 WO). Hinter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach zugeordnet, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (§ 15 Abs. 2 Satz 1 WO). Sodann erhält jede Vorschlagsliste so viele Mitglieder Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Entfällt die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Vorschlagslisten zugleich, so entscheidet das Los darüber, welcher Vorschlagsliste dieser Sitz zufällt.
Der Antrag der Arbeitnehmer blieb bei dem Bundesarbeitsgericht - wie bereits in den Vorinstanzen - ohne Erfolg. Nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.11.2017 ist die in § 15 Abs. 1 und 2 WO BetrVG vorgesehene Sitzverteilung nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren verfassungsgemäß. Bei der Umrechnung von Wählerstimmen in Betriebsratssitze lasse sich bei der Verhältniswahl eine vollständige Gleichheit des Erfolgswertes einer Wählerstimme mit keinem der gängigen Sitzzuteilungsverfahren erreichen, da nur ganze Sitze verteilt werden können. Daher falle die Entscheidung, wie die Sitzverteilung vorzunehmen ist, in den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers. Das d'Hondtsche Höchstzahlverfahren fördere außerdem die Mehrheitssicherung und diene damit einem unter Berücksichtigung der Funktion der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretung anzuerkennenden Ziel. Mit dieser Entscheidung beendet das Bundesarbeitsgericht eine seit Jahren schwelende Diskussion in der Literatur, ob das d'Hondtsche Höchstzahlverfahren verfassungsgemäß sei. Die Entscheidung vom 22.11.2017 sorgt insoweit für Rechtssicherheit.