Februar 2018
Wirksamkeit von Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen
veröffentlicht am 01.02.2018
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können Betriebsvereinbarungen grundsätzlich eine auf das Regelrentenalter bezogene Altersgrenze bestimmen. Derartige Altersgrenzen in freiwilligen Betriebsvereinbarungen sind von der Regelungskompetenz der Betriebsparteien umfasst. In einer aktuellen Entscheidung hatte das BAG darüber zu entscheiden, welche Grenzen den Betriebsparteien bei einer derartigen Regelung vorgegeben sind.
Der Kläger in dem vom BAG mit Urteil vom 21.02.2017 – Az: 1 AZR 292/15 – entschiedenen Rechtsstreit war bereits seit dem Jahr 1969 bei der Beklagten beschäftigt und vollendete am 25.10.2013 sein 65. Lebensjahr. Die Beklagte teilte ihm mit, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 27.08.2013 und der darin festgelegten Altersgrenzenregelung zum 31.12.2013 enden werde. Nach dieser Betriebsvereinbarung endet ein Arbeitsverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Altersgrenze für eine Regelaltersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Abschläge erreicht. Ausgenommen von dieser Altersgrenze waren lediglich Arbeitnehmer, mit denen bereits vor Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung vertraglich die Weiterbeschäftigung über das Datum der Rentenbezugsberechtigung hinaus vereinbart worden war. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch die in der Betriebsvereinbarung enthaltene Altersgrenzenregelung beendet worden sei.
Das BAG entschied zugunsten des Klägers. Es wies darauf hin, dass die Betriebsparteien zwar in einer Betriebsvereinbarung eine auf das Regelrentenalter bezogene Altersgrenze bestimmen können. Eine derartige Regelung müsse aber mit höherem Recht vereinbar sein. Im vorliegenden Fall sah das BAG einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Denn bei erstmaliger Einführung einer Altersgrenze für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gebiete es der rechtsstaatliche Vertrauensschutz, auf die Interessen der bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung bereits rentennahen Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Bei diesen Arbeitnehmern bestehe typischerweise ein schutzwürdiges Bedürfnis, über eine angemessene Zeit zu verfügen, um sich auf eine veränderte rechtliche Lage einzustellen und ihre Lebensführung oder -planung gegebenenfalls an diese anzupassen. Diese besondere Situation erfordere für rentennahe Jahrgänge grundsätzlich Übergangsregelungen, deren nähere Ausgestaltung dem Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien unterliege.
Da die Betriebsvereinbarung keine derartigen Übergangsregelungen für rentennahe Jahrgänge enthalte, ist nach Auffassung des BAG die gesamte Altersgrenzenregelung unwirksam. Auch eine Lückenfüllung im Wege einer ergänzenden Auslegung der Betriebsvereinbarung komme nicht in Betracht.
Bei der Ausgestaltung kollektivrechtlicher Altersgrenzenregelungen sollte daher ein besonderes Augenmerk auf die Aufnahme der nach der Rechtsprechung notwendigen Übergangsregelungen für rentennahe Arbeitnehmer gerichtet werden. Hinweise für entsprechende Gestaltungsvarianten lassen sich dem Urteil des BAG vom 21.02.2017 entnehmen.