Arbeitsrecht
August 2024 Raucherpause reloaded - der Joint am Arbeitsplatz?
veröffentlicht am 01.08.2024
Seit dem 01. April 2024 ist es Erwachsenen gestattet, bis zu 25 g Cannabis straffrei für den Eigenkonsum in der Öffentlichkeit mit sich zu tragen und auch zu konsumieren (Einschränkungen sh. unten). Bei durchschnittlich 0,3 g Cannabis pro Joint entspricht das etwa 80 Joints (Expertenmeinung/eigene Erfahrungen liegen nicht vor!).
Was bedeutet dies für den Arbeitsalltag in den Betrieben?
1. Kein absolutes gesetzliches Verbot des Konsums von Cannabis am Arbeitsplatz
Ähnlich wie für den Genuss anderer Rauschmittel besteht kein absolutes gesetzliches Verbot für den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz! Allerdings ist zu beachten, dass Cannabis nicht in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren sowie in Sichtweite von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Sportstätten konsumiert werden darf. Hieraus kann sich ein gesetzliches Rauchverbot (der Besitz bliebe gestattet) aufgrund der Örtlichkeiten des Arbeitsplatzes oder auch dann ergeben, wenn minderjährige Auszubildende oder sonstige minderjährige Beschäftigte in unmittelbarer Nähe befindlich sind.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf § 25 JArbSchG. Danach darf eine Person, die wegen einer Straftat nach dem Cannabisgesetz verurteilt wurde, Jugendliche nicht beaufsichtigen, anweisen oder ausbilden. Arbeitgeber haben dies bei der Ermittlung der Befähigung der Versicherten nach § 7 Abs. 1 DGUV Vorschrift 1 zu berücksichtigen.
2. Relative Verbote im Rahmen des Arbeitsschutzrechts
Das Arbeitsschutzrecht setzt dem Cannabiskonsum im Betrieb relative Grenzen.
So hat der Arbeitgeber gemäß § 5 ArbStättV (Nichtraucherschutz) „… die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.“
Nach § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 (Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten) darf der Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.
Des Weiteren verpflichtet § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 die Versicherten, sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand zu versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.
3. Sind die Beschäftigten im Straßenverkehr eingesetzt, gelten besondere Regeln.
Wird ein Grenzwert von 3,5 ng/mlTHC im Blutserum überschritten, droht ein Ordnungsgeld und ein Fahrverbot. Fahranfängerinnen und Fahranfänger in der Probezeit sowie jungen Fahrern und Fahrrinnen unter 21 Jahren ist THC am Steuer generell untersagt.
4. Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitgeber
Grundsätzlich gilt in Betrieben mit Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wonach dieser bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen hat. Dies ist bei den nachfolgenden Ausführungen zu berücksichtigen.
a) Cannabisverbot am Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber darf den Konsum von Cannabis und anderen Drogen während der Arbeitszeit untersagen. Unter Umständen kann auch die Aufforderung wirksam sein, ohne Einfluss von Drogen zum Dienst zu erscheinen.
Selbstverständlich besteht regelmäßig die arbeitsvertragliche Nebenpflicht der Beschäftigten, ihre Arbeitsfähigkeit nicht durch den Konsum von Alkohol/Cannabis oder anderer berauschender Mittel zu beeinträchtigen.
Verstöße gegen die Verbote können (gegebenenfalls nach Abmahnung) eine Kündigung rechtfertigen. Unter Umständen kann auch der dringende Verdacht zu einer Kündigung führen (vergleiche LAG Niedersachsen vom 6.5.2024 – 4 Sa 446/23).
b) Betriebliche Drogentests?
Regelmäßig unzulässig ist die Durchführung eines Drogentests ohne Einwilligung der betroffenen Person.
Allerdings kann bei Vorliegen entsprechender Verdachtsmomente ein Drogentest oder eine ärztliche Untersuchung eingefordert werden. Kommt die betroffene Person dem nicht nach, kann dies als Indiz für ein Fehlverhalten gewertet werden. Auch bei der Ausübung besonders gefährlicher Tätigkeiten kann der betroffenen Person ohne entsprechende Verdachtsmomente ein Drogentest abverlangt werden.
c) Sonstige Reaktionsmöglichkeiten
Sind Beschäftigte verhaltensauffällig, sind die Auffälligkeiten im Rahmen des Möglichen zu dokumentieren. Gegebenenfalls ist der Beschäftigte ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freizustellen. Unter Umständen ist der Arbeitgeber aus Fürsorgegesichtspunkten gehalten, für einen sicheren Heimweg der betroffenen Person zu sorgen.
Der Betriebsarzt kann hinzugezogen werden, soweit vorhanden wäre auch ein Betriebsrat hinzuzuziehen.
d) Prävention
Selbstverständlich kann - ebenfalls unter Berücksichtigung der Mitbestimmung des Betriebsrates - im Rahmen einer allgemeine Suchtprävention auch die Cannabisprävention integriert werden.
e) Beratung/Information
Bei Rückfragen wenden Sie sich an die Geschäftsstelle des Arbeitgeberverbandes. Hilfreich sind auch die Informationen der DGVU, die wir in unserem Newsticker Nr. 8/2024 vom 11.07.2024 erwähnt und übermittelt haben.
- Autor: Rechtsanwalt Dr. Karsten Tech
- Telefon: 0441 21027-21
- E-Mail: karsten.tech@agv-oldenburg.de