September 2022
Die Beschäftigung von Altersrentnern als Instrument zur Milderung des Arbeitskräftemangels
veröffentlicht am 01.09.2022
Die demografische Entwicklung hinterlässt immer deutlichere Spuren auf dem Arbeitsmarkt. Zahlreiche Unternehmen und Behörden beklagen einen steigenden Arbeitskräftemangel auf allen Ebenen - von der angelernten Arbeitskraft bis zum Akademiker. Um diesem Trend entgegenzuwirken, rückt die Möglichkeit der Beschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern verstärkt in den Fokus. Da sich auch die Hinzuverdienstgrenzen für die Rentenbezieher verändern, kann eine Weiterbeschäftigung auch im Interesse der Rentnerinnen und Rentner liegen.
Was gilt arbeitsrechtlich?
Wesentlich ist die Regelung in § 41 S. 3 SGB VI (mit der wir uns unter mitbestimmungsrechtlichen Aspekten bereits im März 2022 beschäftigt haben). Hiernach können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den (durch Arbeitsvertrag oder Kollektivvereinbarung definierten) Beendigungszeitpunkt, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, gegebenenfalls auch mehrfach hinausschieben. Wichtig ist hierbei folgendes:
Es gibt eine Vereinbarung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze.
Es wird eine Vereinbarung über das Hinausschieben des Austritts vor Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen.
Es wird ausschließlich das Beendigungsdatum neu definiert, alle übrigen Bestandteile des Arbeitsvertrages bleiben jedenfalls in dieser Verlängerungsvereinbarung unangetastet.
Der letztgenannte Aspekt wurde in einer zwischenzeitlich rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Urteil vom 14.10.2021/4 Sa 342 öD/20) noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Danach ist eine Verlängerungsvereinbarung unwirksam, wenn auch andere Arbeitsvertragsbestandteile zu diesem Zeitpunkt verändert werden. Die Folge ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Selbstverständlich können auch Rentner und Rentnerinnen „neu“ im Rahmen von § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz eingestellt werden. Dies kann entweder bei „echten“ Neueinstellungen ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 TzBFG, nach Beschäftigungslosigkeit gemäß § 14 Abs. 3 TzBFG oder aber ausnahmsweise mit Sachgrund gemäß § 14 Abs. 1 TzBFG erfolgen.
Wegen der arbeitsrechtlichen Komplexität empfehlen wir regelmäßig die rechtzeitige Kontaktaufnahme mit dem Verband, um Fehler zu vermeiden.
Was gilt sozialversicherungsrechtlich?
Rentnerinnen und Rentner können nach Erreichen der Regelaltersgrenze unbegrenzt hinzuverdienen.
Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze gilt bislang grundsätzlich, dass nur Hinzuverdienste bis 6.300 € keinen Einfluss auf die Rente haben. Allerdings ist diese Verdienstgrenze coronabedingt in den vergangenen Jahren auf 46.046 € erhöht worden.
Das Bundeskabinett hat am 31.08.2022 das 8. SGB VI-Änderungsgesetz beschlossen. Sollte dieses Gesetz zeitnah das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, würden die Hinzuverdienstgrenzen auch bei vorgezogenen Altersrenten grundsätzlich abgeschafft. Wir gehen davon aus (die Lesungen im Bundestag sollen im Oktober und Dezember stattfinden), dass das Gesetz zum 01. Januar 2023 in Kraft tritt.
Damit wäre die Beschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern auch für diesen Personenkreis attraktiv, da neben dem Bezug von Arbeitsentgelt auch eine Rente ungemindert in Anspruch genommen werden könnte.
Einem Arbeitskräftemangel könnte im Interesse der Arbeitsvertragsparteien entgegengewirkt werden.
Wir werden Sie zu den gesetzlichen Veränderungen aktuell weiter informieren.
Mehr zu dem Thema erfahren Sie in unserem AGV-Podcast Nr. 22 "Die Beschäftigung von Altersrentnern als Instrument zur Milderung des Arbeitskräftemangels" im Mitgliederportal.