Arbeitsrecht
März 2019 Keine Begrenzung der arbeitsgerichtlichen Prüfung durch Verstöße gegen Datenschutzvorgaben aus einer Betriebsvereinbarung
veröffentlicht am 01.03.2019
In Zeiten eines wachsenden Datenschutzbewusstseins und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) werden Datenschutzvorgaben im arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit oftmals als "zweiter Kriegsschauplatz" gewählt. Findige Anwälte verweisen immer häufiger auf Datenschutzverstöße des Arbeitgebers und erzielen damit für sich im Prozess oft günstige Auswirkungen. Erfreulich ist insofern jedes Urteil, das die beiderseitigen Spielregeln klarer definiert, wie das Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 06.06.2018 (21 Sa 48/17), welches Gegenstand dieses Beitrags sein soll.
Im vorstehenden Verfahren hatte das Gericht über eine Kündigung zu urteilen, die als verhaltensbedingte Tat-, hilfsweise als Verdachtskündigung ausgesprochen worden war. Der gekündigte Arbeitnehmer wurde verdächtigt, Inhalte eines internen Auditberichts über die Privatflüge des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten unerlaubterweise an Dritte weitergegeben zu haben. Insofern war dem Kläger mitgeteilt worden, dass sein dienstlicher Laptop und sein dienstliches Mobiltelefon einer Untersuchung unterzogen werden sollten. Der Kläger übergab daraufhin den Laptop und das Handy und teilte auch die entsprechenden Passwörter mit. Bei der Überprüfung des Laptops stieß die Beklagte auf Zufallsfunde, die den Verdacht nahelegten, dass der Kläger während seiner Arbeitszeit gewerblichen Nebentätigkeiten nachgegangen war und einen Tankbetrug zulasten der Beklagten begangen hatte. Die Beklagte stützte die in der Folgezeit ausgesprochene Kündigung sodann auf diese Untersuchungsergebnisse, durch die sie erstmalig Kenntnis über die Tankvorgänge des Klägers erhielt. Das LAG sah die Kündigung schließlich als wirksam an.
Dabei stellte das Gericht klar, dass insbesondere kein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vorlag. Zufallsfunde sind vor dem Hintergrund der datenschutzrechtlichen Zweckbindung an sich heikel. Umso erfreulicher ist es, dass das LAG hier klargestellt hat, dass der Schutzzweck des Bundesdatenschutzgesetzes aus "präventiven Gründen" nicht gebietet, dem Arbeitgeber die Verwendung datenschutzrechtswidrig erlangter Informationen zu verwehren. Die Verwertung so genannter Zufallsfunde sei regelmäßig - wie auch hier - nicht durch das Zweckbindungserfordernis des aktuellen Datenschutzrechts ausgeschlossen. Für die Verwertbarkeit eines Zufallsfundes kommt es jedoch darauf an, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht stärker wiegt als die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Durchsuchung des Dienst-PCs dem Arbeitnehmer vorher angekündigt wurde, so das Gericht.
Einigkeit besteht aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des BAG darüber hinaus, dass die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte kein Beweisverwertungsverbot begründet. Eigenständige Beweisverwertungsverbote aus Betriebsvereinbarungen binden die Gerichte - ausgehend von dieser LAG-Entscheidung - darüber hinaus zudem nicht. Die Revision zum BAG wurde allerdings eingelegt, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt.
Auch wenn nach den Erörterungen des Gerichts immer eine Interessenabwägung (allgemeines Persönlichkeitsrecht vs. Funktionsfähigkeit der Rechtspflege) stattzufinden hat und insofern die Schwere des datenschutzrechtlichen Verstoßes Beachtung finden wird, wird durch diese Entscheidung jedenfalls die Gewichtigkeit der funktionsfähigen Rechtspflege vor den Arbeitsgerichten betont.
In Rechtsfragen des Arbeitnehmerdatenschutzes stehen Ihnen die Volljuristen des Arbeitgeberverbandes seinen Mitgliedern ansonsten gerne ergänzend beratend zur Verfügung.
- Autor: Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin (BMWA) Verena Albrecht
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