Arbeitsrecht
Oktober 2021 Videokonferenzen und Homeoffice – ein Blick auf aktuelle Rechtsfragen
veröffentlicht am 01.10.2021
Wird auch mittlerweile seit gut anderthalb Jahren im "Ausnahmezustand" gearbeitet, so sind nach wie vor viele Rechtsfragen in Zusammenhang mit modernen Arbeitsformen ungeklärt. Welche Spielregeln gelten also konkret in Homeoffice, Videokonferenz und Co.?
Kameraeinsatz im Homeoffice?
Die gängigen Videokonferenztools haben sich mittlerweile etabliert und eine gute Möglichkeit zum Austausch geschaffen, wo eine persönliche Besprechung als zu riskant oder zu wenig effizient erschien. Dennoch ergeben sich Folgefragen zur bislang noch nicht rechtlich aufgearbeiteten Nutzung von Videokonferenzsystemen. Kann der Arbeitgeber verlangen, dass und inwieweit die Kamera eingeschaltet wird?
Zu Recht wird vielfach darauf hingewiesen, dass die Arbeit sichtbar zu leisten ist, da Kernelement des Arbeitsvertrages die persönliche Leistungserbringung ist. Vorausgesetzt, dass die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachtet werden, erscheint die Weisung, die Kamera in angemessenem Umfang einzuschalten, gegenüber dem zur persönlichen Leistung verpflichteten Arbeitnehmer insofern nach unserer Auffassung daher grundsätzlich nicht als unbillig. Auf der anderen Seite wird man aufgrund des weitreichenden Schutzes durch Art. 13 GG keine weitergehende Verpflichtung zur Darstellung des Hintergrundes (im Gegensatz zur Nutzung eines fiktiven Hintergrundes) begründen können.
Wo noch keine Vereinbarung getroffen ist, empfiehlt sich eine solche auf individual- oder kollektivrechtlicher Ebene. Soweit besondere/besonders sensible Daten via Videokonferenz erhoben werden sollen (wie bspw. beim betrieblichen Eingliederungsmanagement), ist eine ausdrückliche Einwilligung des Mitarbeiters erforderlich. In mitbestimmten Betrieben ist zu beachten, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Ausgestaltung der mobilen Arbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG, ergänzt insbesondere durch die Nrn. 1, 6, 7 in Betracht kommt.
Was sind die Folgen bei Störungen der Arbeitsleistung im Homeoffice?
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Frage, was vereinbarter Arbeits- und Erfüllungsort hinsichtlich der Arbeitsleistung ist, durch Auslegung des Arbeitsvertrages zu ermitteln ist. Oftmals wird die Auslegung ergeben, dass die Arbeit am Firmensitz zu leisten ist. Grundsätzlich gehört es zu den Grundpflichten des Arbeitgebers, Arbeitsplatz und Arbeitsmittel an einem vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsort zur Verfügung zu stellen, zumal die Wohnung des Arbeitnehmers durch Art. 13 GG als solche geschützt ist. Allein für die Pandemiesituation wird vor dem Hintergrund der auf die Erbringung der Arbeitsleistung von zu Hause aus abzielenden gesetzlichen Regelungen die Obliegenheit, von zu Hause aus zu arbeiten, gesehen und diskutiert. Inwieweit hier eine solche Verpflichtung bestehen kann, wird einzelfallabhängig zu beantworten sein.
Ist eine Vereinbarung über das mobile Arbeiten getroffen, sollte diese im Idealfall ausdrückliche Regelungen zu Widerrufsmöglichkeiten enthalten, von denen bei Leistungsstörungen Gebrauch gemacht werden kann.
Wenn keine konkretisierende Vereinbarung getroffen wurde, greift das arbeitgeberseitige Direktionsrecht (vgl. auch LAG München vom 26.08.2021 zum Az. 3 SaGa13/21). Das heißt, dass auch in diesem Falle die Aufforderung zur Rückkehr aus dem Homeoffice als Unterfall des mobilen Arbeitens gerade bei Leistungsstörungen regelmäßig billigem Ermessen entsprechen und damit durchsetzbar sein wird. Der Arbeitgeber ist daher bei Vorliegen überwiegender sachlicher (z.B. verhaltens- oder betrieblicher) Gründe grundsätzlich zur Rückkehraufforderung berechtigt; die lediglich allgemeine Ansteckungsgefahr i.R.d. Corona-Pandemie begründet lt. dem LAG keinen Anspruch im Sinne einer Konkretisierung auf den Arbeitsort Homeoffice.
Auch wenn langsam einiges in Bewegung kommt, ist die Rechtslage bei derart aktuellen Themen weiterhin einzelfallabhängig. Bei der Beurteilung und Ausgestaltung zielführender Lösungen steht das Team des Arbeitgeberverbandes Oldenburg e.V. seinen Mitgliedsunternehmen jederzeit gern zur Verfügung.
Mehr zu dem Thema erfahren Sie in unserem AGV-Podcast Nr. 11 "Videokonferenzen und Homeoffice – ein Blick auf aktuelle Rechtsfragen" im Mitgliederportal.
- Autor: Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin (BMWA) Verena Albrecht
- Telefon: 0441 21027-61
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