Arbeitsrecht
August 2021 Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung
veröffentlicht am 02.08.2021
Wieder einmal hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Fragestellung auseinanderzusetzen, welche Spielregeln bei der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für den Arbeitgeber gelten. Mit einem Urteil vom 24.02.2021 – Az. 7 AZR 108/20 – hat es die ständige Senatsrechtsprechung bestätigt und fortentwickelt.
Zwischen den Parteien stand die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG im Streit. Der Kläger (Arbeitnehmer) war vom 03.08.2015 bis zum 02.08.2017 auf der Grundlage von insgesamt drei befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten (Arbeitgeberin) als IT-Fachassistent zunächst in Vollzeit beschäftigt. Nach Abschluss eines Änderungsvertrages vom 16.11.2015, der die Befristung bis zum 31.12.2016 verlängerte, schlossen die Parteien auf Wunsch des Klägers am 02.12.2015 eine Teilzeitvereinbarung auf Grundlage einer tariflichen Regelung ebenfalls befristet bis zum 31.12.2016. In einem Begleitschreiben zu diesem Änderungsvertrag wies die Beklagte darauf hin, dass im Anschluss an diese Änderung zur Arbeitszeit, damit ab 01.01.2017, eine Beschäftigung als Vollzeitbeschäftigter erfolgt. Sofern sich an diesen Plänen etwas ändern sollte, sollte der Kläger bis spätestens 30.09.2016 die Beklagte informieren, damit die Wünsche des Klägers Berücksichtigung finden.
Vor dem 29.11.2016 sprach der Teamleiter des Klägers diesen wegen einer Verlängerung des bis zum 31.12.2016 befristeten Arbeitsvertrages an. Dabei äußerte der Kläger den Wunsch, bei einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses die Teilzeit im bisherigen Umfang fortzuführen. Der Kläger stellte am 29.11.2016 erneut einen Antrag auf entsprechende Teilzeitbeschäftigung befristet bis zum 02.08.2017. Ebenfalls unter dem 29.11.2016 schlossen die Parteien die 2. Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages bis zum 02.08.2017 ab und regelten in dem Vertrag, dass der Kläger als Teilzeitbeschäftigter weiterbeschäftigt wird.
Nach Ablauf der letzten Befristung erhob der Kläger am 21.08.2017 Befristungskontrollklage mit der Auffassung, dass diese Befristung nicht ohne Sachgrund hätte geschlossen werden dürfen, da gleichzeitig mit der Vertragsverlängerung vom 29.11.2016 die Änderung der Arbeitszeit von Vollzeit auf Teilzeit vereinbart worden ist. Ein Rechtsanspruch auf Verringerung der Arbeitszeit habe nicht bestanden. Ein Sachgrund für die Befristung habe nicht vorgelegen. Sein Arbeitsverhältnis bestehe unbefristet über den 02.08.2017 hinaus fort.
Das Arbeitsgericht Magdeburg hatte die Klage noch abgewiesen. Das LAG Sachsen-Anhalt sowie das BAG sehen die Rechtslage jedoch anders und stellten fest, dass die Befristung nicht nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt gewesen ist.
Zwar wurde die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 TzBfG zulässige Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von zwei Jahren nicht überschritten. Jedoch setzt das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung in § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrages in schriftlicher Form vereinbart werden muss und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert zu bleiben hat. Anderenfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor, dessen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Das BAG stellte fest, dass es sich bei dem Änderungsvertrag vom 29.11.2016 nicht um eine Vertragsverlängerung in diesem Sinn gehandelt hat. Dem Vertragswortlaut der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2015 lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die vereinbarte Arbeitszeitverringerung unabhängig von der Befristung des gesamten Arbeitsvertrages und auch im Fall einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2016 bis zum 02.08.2017 befristet sein sollte. Diese Annahme belege auch das Begleitschreiben, in dem darauf hingewiesen wurde, dass ab dem 01.01.20217 die vereinbarte Vollzeittätigkeit wiederauflebt. Die Beklagte habe sich eine erneute Entscheidung über die Fortsetzung der Arbeitszeitreduzierung vorbehalten und den Kläger aufgefordert, erneut einen Teilzeitantrag zu stellen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die im Änderungsvertrag vom 02.12.2015 vereinbarte Teilzeitbeschäftigung für die gesamte ggf. verlängerte Vertragslaufzeit hätte gelten sollen.
Damit haben die Parteien mit dem Vertrag vom 29.11.2016 nicht nur die Laufzeit des befristeten Vertrages geändert, sondern auch die Arbeitszeit des Klägers herabgesetzt und damit gleichzeitig andere Arbeitsbedingungen vereinbart. Unerheblich ist, dass die Änderung des Umfangs der Arbeitszeit im Interesse des Klägers lag und auf dessen Anregung oder Wunsch erfolgte. Auch eine auf Anregung oder Wunsch des Arbeitnehmers vorgenommene Vertragsänderung bei Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts steht einer Verlängerung i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG entgegen, sofern der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat. Der Arbeitnehmer solle davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass er durch das Angebot anderer Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages veranlasst wird.
Der Kläger hatte am 01.01.2017 weder einen tariflichen noch gesetzlichen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gehabt. Darüber hinaus lag ein Sachgrund für die Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG nicht vor.
Mithin stellte das BAG rechtskräftig fest, dass die vereinbarte Befristung unwirksam war und der Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hat. Folge für die Beklagte war u.a., dass Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers ab dem 03.08.2017 bis Februar 2021 aufgelaufen waren, ohne dass eine Arbeitsleistung des Klägers vorgelegen hat.
Um die Voraussetzungen einer Verlängerung daher zu sichern, sind Vertragsänderungen jeweils zeitlich vor oder nach der Verlängerung zu vereinbaren. Dabei kommt es nicht auf den Wirkungszeitpunkt der Vertragsänderung, sondern den Abschlusszeitpunkt an.
Das BAG hat in dieser Entscheidung noch einmal deutlich hervorgehoben, dass anlässlich der Verlängerung durchaus Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vorgenommen werden können oder die Parteien Arbeitsbedingungen vereinbaren, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat (z.B. Teilzeitanspruch nach § 8 Abs. 1 TzBfG; Veränderung der Arbeitszeit nach§ 9a TzBfG).
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- Autor: Rechtsanwältin Anja Vollbrecht
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