Die Europäische Richtlinie 2019/1152 vom 20.07.2022 hat zu der Regelung in § 15 Abs. 3 TzBfG geführt, dass bei einer Probezeit im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses die Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss.
Bis zu welchem Punkt eine solche Verhältnismäßigkeit gegeben ist, wird heftig in der Literatur diskutiert. Auch nach Veröffentlichung eines ersten BAG-Urteils zu dieser Norm am 05.12.2024 bleibt diese spannende Frage offen. Das BAG hat sich darauf beschränkt festzustellen, dass die Vereinbarung einer Probezeit, die der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, in der Regel unverhältnismäßig ist.
Gleichwohl sind dem Urteil einige interessante Details zu entnehmen.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte noch eine Besonderheit darin gesehen, dass in dem konkreten Fall über eine Befristung zur Probe entschieden werden musste, das Vertragsverhältnis also perspektivisch auf Dauer angelegt war. Deshalb hatten das Arbeitsgericht und auch das Landesarbeitsgericht die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen. Dieses Argument lässt das BAG aber nicht gelten. Es widerspräche dem Wortlaut von § 15 Abs. 3 TzBfG, der Entstehungsgeschichte und dem Normzweck.
Das BAG hat dann weiter herausgestellt, dass bei einer unverhältnismäßigen Dauer der Probezeit diese nicht wirksam vereinbart wird, so dass damit die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB von zwei Wochen nicht greife.
Das BAG hatte sich dann weiter damit auseinanderzusetzen, ob das Arbeitsverhältnis denn wenigstens mit der ordentlichen Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden konnte. Hiergegen hatte sich der Kläger vehement gewehrt. Die Kündigung war mit Schreiben vom 28.10.2022 erfolgt, das Befristungsende für den 28.02.2023 vereinbart worden. Eine Unwirksamkeit der Kündigung hätte dem Kläger also nicht unerhebliche Vergütungsansprüche – nicht aber ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis – beschert.
Der Vertrag war wie folgt formuliert:
„1. Der Arbeitnehmer wird ab 01.09.2022 als Serviceberater/KFZ-Meister eingestellt.
2. Die Einstellung erfolgt zunächst zur Probe bis zum 28.02.2023.
Das Probearbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Probezeit fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit begründet.
Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen schriftlich gekündigt werden.“
Würde man den letzten Satz vollständig streichen, könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass es an einer einzelvertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeit fehlt. Nach § 15 Abs. 4 TzBfG ist eine solche Vereinbarung erforderlich, damit ein befristeter Arbeitsvertrag vor Ablauf der vereinbarten Zeit beendet werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich zunächst festgestellt, dass in der Probezeitvereinbarung zugleich auch die Vereinbarung liegt, dass das Arbeitsverhältnis kündbar sein soll.
Darüber hinaus würde die Klausel immer noch sinnhaft sein, wenn man den unwirksamen Teil streicht. Dieser Test wird in der Fachsprache „Blue-Pencel-Test“ genannt. Der Satz „Das Arbeitsverhältnis kann beiderseits schriftlich gekündigt werden.“ ist transparent und erfüllt die Voraussetzung des § 15 Abs. 4 TzBfG. Auch die Kündigung selbst könne umgedeutet werden, so dass das Arbeitsverhältnis dann mit Ablauf des 30.11.2022 sein Ende gefunden hat.
Solange noch keine berechenbaren Rahmenbedingungen vorliegen, man also jederzeit mit einer Feststellung rechnen muss, dass die Probezeit unverhältnismäßig lang ist, ist es besonders wichtig, die Klauseln – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Beratung des Arbeitgeberverbandes – so zu gestalten, dass die Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses erhalten bleibt.