Arbeitsrecht
März 2021 Kosten und Absicherung im Home Office
veröffentlicht am 01.03.2021
2020 haben (mobile) Arbeitsformen außerhalb der Betriebsstätte erheblich an Bedeutung gewonnen. Dabei steht die Neuordnung des Rechtsrahmens für Telearbeit und mobiles Arbeiten aus. Den vom BMAS Anfang Oktober 2020 vorgestellten Gesetzesentwurf zur Regelung mobiler Arbeit hat das Bundeskanzleramt frühzeitig gestoppt, eine gesetzliche Neuregelung steht nach wie vor aus. Bleibt es daher bei den bislang geltenden Regularien, so bildet § 2 Abs. 7 der ArbStättV den Rechtsrahmen für die Telearbeit, die eine Einrichtung des Arbeitsplatzes in den Privaträumen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien voraussetzt. Nach der SARS-CoV-22-Arbeitsschutzregel gilt im Grunde alles, was diese Definitionskriterien nicht umfasst, als Mobiles Arbeiten.
Doch was müssen Arbeitgeber bei einer ortsungebundenen Tätigkeit der Arbeitnehmer beachten?
Ausgangspunkt einer arbeitsschutzrechtlichen Betrachtung des ortsungebundenen Arbeitens sind die Grundvorschriften des ArbSchG (§§ 3, 4). Danach muss der Arbeitgeber die Arbeit so gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die körperliche und psychische Gesund-heit der Arbeitnehmer möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering ist. Erfolgt die ortsungebundene Tätigkeit auf einem Arbeitsplatz im Sinne der ArbStättV, einem sogenannten Telearbeitsplatz, muss der Arbeitgeber bei dessen erstmalige Errichtung eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen (§ 3 ArbStättV, § 5 ArbSchG). Diese muss nicht zwingend unter Betreten der Wohnung des Arbeitnehmers erfolgen, sondern ist auch im Wege einer wahrheitsgemäßen Selbstauskunft des Arbeitnehmers möglich. Arbeitet ein Arbeitnehmer ohne Einrichtung seines ortsungebundenen Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber nur gelegentlich von zu Hause aus, finde die ArbStättV keine Anwendung. Arbeitgeber sind bei mobiler Arbeit im Home Office nicht verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (Anmerkung: Die oben genannte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sieht Home Office begrifflich als Unterfall des Mobilen Arbeitens). Die Arbeitnehmer sind jedoch über die sich aus der Mobilen Arbeit folgenden Gefährdungen durch den Arbeitgeber zu unterweisen (§ 12 ArbSchG, § 6 ArbStättV); der Arbeitnehmer hat entsprechende Mitwirkungspflichten.
Problematisch ist darüber hinaus nach bisheriger Gesetzeslage die sozialversicherungsrechtliche Absicherung: Das Bundessozialgericht geht gemäß seinem Grundsatzurteil vom 27.11.2018 zum Az. B 2 U 28/17 R von folgenden Grundsätzen aus:
- Grundsätzlich endet der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung an der Außenhaustür des Arbeitnehmers. Etwas Anderes kann dann gelten, wenn sich die Arbeitsstätte im häuslichen Bereich des Arbeitnehmers befindet und der Arbeitnehmer hier mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers tätig wird, nicht jedoch außerhalb des vereinbar-ten Arbeitszeitrahmens etc.
- Allerdings kommt es dann darauf an, ob die zum Unfallereignis führende Tätigkeit dem Unternehmen diente und diese Handlungstendenzen durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird.
- Danach ist z.B. ein Unfall im Home Office nicht versichert, wenn der Arbeitnehmer beim Weg zur Nahrungsaufnahme stürzt (Bundessozialgericht, Urteil vom 5.7.2016 zum Az. B 2 U 5/15 R). Ebenfalls nicht versichert sein kann ein Unfall im häuslichen Bereich auf dem Weg zum PC (Sozialgericht München, Urteil vom 4.7.2019 zum Aktenzeichen S 40 U 227/18). Nach einer neueren Entscheidung des BSG ist auch ein Unfall auf dem Weg von der Kita zurück ins Home Office nicht versichert (Urteil vom 27.11.2018, Az. B 2 U 19/18 R); es handelt sich hierbei nicht um einen versicherten Weg i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2a) SGB VII. Arbeitgeber sollte daher die Möglichkeit der Einbeziehung ihrer Arbeitneh-mer in eine zusätzliche Gruppenunfallversicherung prüfen.
Wünschenswert wäre eine Klarstellung im zu erwartenden Gesetz, dass auch bei mobilen Ar-beiten der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung vollumfänglich besteht.
Zur Kostentragungspflicht ist darüber hinaus zu bedenken, dass auch bei mobilem Arbeiten grundsätzlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Kompensation der Aufwendungen nach
§ 670 BGB besteht. Diese Kostentragungspflicht kann man vermeiden, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen betrieblichen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und ein mobiles Arbeiten von zu Hause aus allein auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt. Der Arbeitgeber kann seine Pflicht zur Kostentragung auch vertraglich abbedingen.
Für eine möglichst ausgewogene Ausgestaltung stehen die Juristen des Arbeitgeberverbandes Oldenburg seinen Mitgliedsunternehmen gern zur Verfügung.
Mehr zu dem Thema erfahren Sie in unserem AGV-Podcast Nr. 5 "Kosten und Absicherung im Home Office" im Mitgliederportal.
- Autor: Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin (BMWA) Verena Albrecht
- Telefon: 0441 21027-61
- E-Mail: verena.albrecht@agv-oldenburg.de