Arbeitsrecht
Januar 2025 Keine Vergütung von Pausenzeiten
veröffentlicht am 01.01.2025
Ein Arbeitnehmer verlangte Vergütung für seine Pausenzeiten, da er sich währenddessen in ständiger Alarmbereitschaft befunden habe. Vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.08.2024, 5 AZR 266/23) hatte er mit seiner Klage keinen Erfolg:
In dem vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer - mittlerweile in Rente - seit 1988 als Produktionsmitarbeiter im Schichtbetrieb mit einer wöchentlichen Stundenanzahl von 35 Stunden beschäftigt. Vor Gericht stritt er mit dem Arbeitgeber um die Vergütung von Pausenzeiten. Die Pausen verbrachte er in einer Kantine, in der ein Monitor angebracht war, mit dem Maschinen überwacht wurden. Störungen wurden durch Blinken angezeigt. Aus Sicht des Arbeitnehmers sei er dadurch regelmäßig derart in "Alarmbereitschaft" gewesen, dass die Pausen keine echten Pausen gewesen seien, sondern vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Auf das Arbeitsverhältnis fand eine tarifvertragliche Regelung Anwendung, nach der den Beschäftigten im Dreischichtbetrieb die regelmäßige Arbeitszeit, die durch die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause entfällt, bezahlt wird. Der Schichtbetrieb war nämlich so geregelt, dass die Mitarbeitenden die Pausen flexibel und je nach den tatsächlichen betrieblichen Belangen nahmen. Die täglichen Pausen standen also nicht bereits im Vorfeld fest, sondern wurden jeweils kurzfristig abgestimmt.
Der Arbeitnehmer verlangte Vergütung für Ruhepausen, die er im Zeitraum von Juli bis Dezember 2021 genommen hatte. Dabei stützte er sich in erster Linie auf die Norm im Tarifvertrag. "Entfallen" im Sinne der Tarifnorm würde Arbeitszeit seiner Ansicht nach auch dann, wenn Beschäftigte wegen der Ruhepausen länger im Betrieb anwesend sein müssten. Im weiteren Verlauf stützte der Arbeitnehmer seinen Anspruch hilfsweise auch darauf, dass die Pausen vergütungspflichtige Arbeitszeiten im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der EU-Arbeitszeitrichtlinie seien und er sich während der Pausen in der Kantine in "Daueralarmbereitschaft" befunden habe.
Die Klage vor dem Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass ihm kein Anspruch auf Vergütung aufgrund der tariflichen Regelung zusteht. Das Gericht führte dazu aus, dass dem Arbeitnehmer durch die von ihm genommenen Pausen im Dreischichtbetrieb keine regelmäßige Arbeitszeit entfallen sei. Er habe durch die tarifvertragliche Regelung zwar eine ungleichmäßig verteilte Arbeitszeit gehabt, jedoch im Durchschnitt unstreitig die "normale Vollzeit", hier also 35 Wochenstunden (ohne Pausen) gearbeitet.
Setze die tarifliche Norm voraus, dass regelmäßige Arbeitszeit "entfällt", könne es dafür nicht ausreichen, dass sich durch die gesetzliche Ruhepause, die nach § 4 Satz 1 ArbZG die Arbeitszeit ja gerade unterbricht, die bloße Anwesenheitszeit des Arbeitnehmers im Betrieb verlängert. Dies sei kein Ausfall von Arbeitszeit im Sinne dieser Regelung, sondern Folge der gesetzlichen Pausenregelung.
Die im Betrieb praktizierte Pausengewährung im Schichtbetrieb war aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts auch rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht führte dazu aus, dass die Gewährung von Ruhepausen nach § 4 ArbZG voraussetzt, dass es sich um im Voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit handelt, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat. Erfordern betriebliche Gegebenheiten eine flexible Festlegung der Pausen, reiche es hinsichtlich der Anforderung des "im Voraus feststehend" aus, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann. Nicht nötig sei, dem Arbeitnehmer Beginn und Dauer der Ruhepause bereits zu Beginn der täglichen Arbeitszeit oder früher mitzuteilen. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Gesetzesbegründung zu Beginn der täglichen Arbeitszeit zumindest ein bestimmter zeitlicher Rahmen feststehen muss, innerhalb dessen der Arbeitnehmer - ggf. in Absprache mit anderen Arbeitnehmern - seine Ruhepause in Anspruch nehmen kann. Dieser Rahmen wird weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung näher zeitlich fixiert und kann durch die Rechtsprechung auch nicht willkürfrei näher konkretisiert werden. Für eine Konkretisierung besteht auch kein Bedürfnis, weil sich der Rahmen letztlich aus dem Erfordernis ergibt, innerhalb von sechs bzw. neun Stunden die Pausenzeit festzulegen. Bei der Anordnung von Ruhepausen ist zudem zu berücksichtigen, dass deren Zweck (insbesondere Erholung, Regeneration und Nahrungsaufnahme) in der Regel verlangt, die Pausen nicht direkt an den Anfang oder kurz vor das Ende der Arbeitszeit des Arbeitnehmers zu legen.
In diesem Rahmen kann der Arbeitgeber entsprechend den betrieblichen Interessen die Pausenzeiten festlegen, soweit nicht durch Betriebsvereinbarung anderes bestimmt ist.
Auch das Unionsrecht verhalf dem Kläger nicht zum Erfolg. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gibt es nur Ruhezeit oder Arbeitszeit. Die Ruhepause im Sinne von § 4 ArbZG ist in arbeitszeitrechtlicher Hinsicht Ruhezeit. Arbeitszeit liegt danach nur dann vor, wenn die Einschränkungen während dieser Zeit so groß sind, dass sie dem Arbeitnehmer nicht erlauben, über seine Zeit zu verfügen und sich eigenen Interessen zu widmen. Das BAG machte in seinem Urteil deutlich, dass der Arbeitnehmer hier nichts vorgetragen habe außer seiner subjektiven Befindlichkeit, dass er sich während der Pausen in der Kantine in einer "Hab-Acht-Stellung" befunden habe. Er habe keine Tatsachen vorgetragen, die nachvollziehbar machen würden, dass er seine Pausen zwingend in der Kantine mit Blick auf den Monitor verbringen musste oder seine Pause nicht frei gestalten konnte. Vielmehr gab der Mitarbeiter selbst an, dass es weder eine Verpflichtung gab, sich während der Pause in der Kantine aufzuhalten, noch im Falle einer am Monitor angezeigten Störung an der Maschine zu erscheinen. Auch war kein Fall bekannt, in dem er wegen einer Störung seine Pause aufgrund der Anordnung seines Vorgesetzten ab- bzw. unterbrechen musste.
Das BAG hat in dem vorliegenden Urteil erneut klargestellt, dass die Festlegung der Pausenzeit dem Arbeitnehmer nicht zwingend bereits zu Beginn der täglichen Arbeitszeit oder sogar früher mitzuteilen ist. Betriebliche Erfordernisse können eine flexiblere Festlegung der Pausenzeiten ermöglichen.
Entscheidend ist vielmehr, dass Arbeitnehmer spätestens zu Beginn der Pause wissen, wie lange sie Zeit haben, sich zu erholen und sich während dieser Zeit ohne größere Einschränkungen ihren eigenen Interessen widmen können.
Ob dies zutrifft unterliegt einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls.
- Autor: Randi Lipinski
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