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Digitalisierung in der Arbeitswelt: Mitarbeiter müssen den Nutzen erkennen
veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2018
Die Digitalisierung bringt in den Unternehmen große Veränderungen mit sich. Bei der Umsetzung steht der Mensch im Mittelpunkt. Mitarbeiter müssen vom Nutzen der neuen Technik überzeugt sein.
Oldenburg, 25.10.2018. Es brauche Mut und Selbstvertrauen, die neue Technik anzuwenden. "Digitalisierung lässt sich in Unternehmen nur dann umsetzen, wenn sich die Arbeitsorganisation anpasst und die Mitarbeiter vom Nutzen überzeugt sind." Das erklärte Dr. Martin Kuhlmann, Senior Researcher am Soziologischen Forschungsinstitut der Universität Göttingen beim Oldenburger Symposium "Arbeitswelten 4.0 – Agile Organisation und Digitalisierung – Wie Unternehmen sich erfolgreich neu aufstellen" in der Alten Fleiwa Oldenburg. Rund 140 Gäste waren am gestrigen Mittwoch zu dieser Veranstaltung gekommen, die gemeinsam vom Arbeitgeberverband Oldenburg (AGV) und vom Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) veranstaltet wird.
Jürgen Lehmann, Hauptgeschäftsführer des AGV, verwies in seiner Begrüßung auf die Geschichte der Alten Fleiwa. Auf dem Areal der ehemaligen Fleischfabrik sei ein Standort entstanden, an dem viele Techniken der Digitalisierung entwickelt würden. "Dieser Ort passt genau zu unserem Thema."
Tobias Lohmann, Sprecher der Geschäftsführung des BNW, ermutigte die Unternehmen, in Bildung zu investieren: "Das Anlagevermögen der Zukunft sind die Menschen, die mit künstlicher Intelligenz zusammenarbeiten und sie kreativ weiterentwickeln." Erworbenes Wissen bleibe immer kürzer gültig, und mit der zunehmenden Anzahl technischer Möglichkeiten steige nicht automatisch die Zahl menschlicher Fähigkeiten. Lohmann weiter: "Es sind aber die menschlichen Fähigkeiten, die wir brauchen, um die Technik einzusetzen und einen Wirtschaftsstandort wie Oldenburg weiterzuentwickeln."
Martin Kuhlmann betonte in seinem Impulsvortrag, dass der technologische Wandel nicht ganz neu sei und es bei der Digitalisierung oft um altbekannte Themen gehe, die neu zu lösen seien. Auch seien die Unternehmen ganz unterschiedlich von der Digitalisierung betroffen. In seinen Kontakten zu Betrieben habe er festgestellt, "dass vor allem mittelständische Betriebe sehr pragmatisch und gut vorbereitet mit der Digitalisierung umgehen".
Sicher sei, so Kuhlmann, dass sich die Arbeitswelt ändern werde. Es gehe in Zukunft mehr um "teamartige Arbeitsformen mit agiler Organisation". Teams würden sich immer neu zusammensetzen und andere Aufgaben bearbeiten. "Diese steigenden Flexibilitätsanforderungen werden in den Betrieben gut gelöst", erläuterte der Göttinger Forscher. Die Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter würden steigen, immer wichtiger werde das Lernen im Arbeitsprozess selbst. Aber: Es gehe nicht nur um IT-Wissen. Das Fach- und Erfahrungswissen der Mitarbeiter sei weiterhin wichtig. "Von zentraler Bedeutung ist es, dass die Mitarbeiter selbstständig den Weg in die digitale Welt beschreiten."
In der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Felix Thalmann, Geschäftsführer der Oldenburger BÜFA-Gruppe, die neue Rolle der Führungskräfte in der Digitalisierung: "Führungskräfte werden zunehmend zu Dienstleistern für ihre Mitarbeiter, sie müssen mit Fragen führen und Probleme lösen". Das "training on the job" der Mitarbeiter werde immer wichtiger und die Führungskraft habe eine "coachende Funktion". Digitalisierung dürfe aber kein Selbstzweck sein. "Der Kundennutzen muss immer im Mittelpunkt stehen", verdeutlichte Thalmann die "BÜFA-Philosophie".
Paul Bloem, Mitglied der Geschäftsleitung der Papenburger Meyer Werft, verdeutlichte, das die digitale Welt vielfältig sei und junge und ältere Mitarbeiter voneinander profitieren würden. "Absolut wichtig ist es, die Digitalisierung für jeden einzelnen Mitarbeiter zu übersetzen und zu klären, warum sie in seinem Arbeitsbereich gut ist." Ob Auszubildender oder Facharbeiter, jeder müsse sich täglich fragen, warum er was wie macht. Mitarbeiter müssten ihre Arbeit hinterfragen und verstehen. "Dann entstehen neue, innovative Arbeitsformen, individuell angepasst an die digitale Welt", so Paul Bloem.
Auf Innovationsteams setzt Dr. Joachim Schmidt, Leiter der Produktion der Premium Aerotec in Varel. Das sorge für Offenheit der neuen Technik gegenüber und schaffe den Mitarbeitern Freiräume zum Austausch. "Uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiter den Nutzen der neuen Technik erkennen. Das ist ganz wesentlich."
Zum Abschluss der Veranstaltung erläuterte Dr. Thorsten Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven, die erwarteten Auswirkungen der Digitalisierung auf den regionalen Arbeitsmarkt. Er gehe nicht von einem massiven Stellenabbau aus, so Müller, sondern ganz im Gegenteil: "Wir rechnen mit vielen neuen Berufsbildern. Die Chancen überwiegen die Risiken und die Digitalisierung birgt ein hohes Potential zur Schaffung neuer Arbeitsplätze."
Die Veranstaltung moderierte Prof. Dr. Rainer Lisowski, Professor für Öffentliches Management an der Hochschule Bremen.